Prolog
Ohne
Witz – das ist mein dritter Entwurf (hoffentlich der Letzte)! Obwohl ich immer
gerne und gut geschrieben habe, fällt es mir gerade schwer, ein paar
vernünftige Zeilen zu Papier zu bringen. Es ist schrecklich, über mich selbst
zu schreiben. Das ist wie bei einem Bewerbungsgespräch, wo das Gegenüber wissen
will: Was sind Ihre Stärken? Und was sind
Ihre Schwächen? Ich verabscheue diese Fragen.
In
der Schule habe ich immer sehr gute Aufsätze geschrieben. Der schlechteste
hatte die Note 4. Ich musste – wie jetzt auch – über mich schreiben. Das Thema:
«Da hatte ich große Angst» (ich frage mich gerade, wo dieser peinliche Aufsatz liegt
…).
Ich
schweife ab, zurück zu meinem Jubiläum.
Diesen
Monat feiere ich mein 20-Jähriges als veröffentlichte Autorin. Wie fühle ich
mich jetzt? Worauf schaue ich zurück? Kann ich dieses Jubiläum genießen?
Nicht
so, wie ich es sollte oder es andere vielleicht erwarten. Ich schaue mehr in
die Zukunft als zurück. Besser wäre es, in der Gegenwart zu sein, aber das will
mir nie so recht gelingen. Als Kind habe ich stets davon geträumt, erwachsen,
unabhängig und frei zu sein. Richtig frei wird man auf diesem Planeten aber wohl
nie. Irgendwelche Verpflichtungen gibt es immer, meist in Verbindung mit
Rechnungen: Steuern, Seraf … Seufz! So hatte ich mir das damals nicht
ausgemalt.
1.
Kapitel – Von Jobs und einem Debütroman
Im
Kindergarten wollte ich Schauspielerin werden, dann starben in dieser Zeit aber
viele Promis und ich dachte: Hui, das ist
ein gefährlicher Beruf. Besser etwas anderes werden. Einmal wollte ich Lehrerin
werden, dann Archäologin, Autorin und schließlich wieder Schauspielerin.
Mein
Lehrer (herzliche Grüße an dieser Stelle, Herr v. W.) wird sich vermutlich noch
lebhaft daran erinnern, dass ich mich standhaft weigerte, eine Schnupperlehre
zu machen und dass meine Eltern so verrückt waren, mich dabei zu unterstützen (Das
haben sie übrigens immer! Das werde ich ihnen nie vergessen.). Während andere
ihre Lehrstelle schon hatten, sprach ich an Schauspielschulen in der Schweiz
und Deutschland vor. Ich scheiterte, aber damals war ich recht flexibel und
pragmatisch.
Im
Juni 1998 schrieb ich in aller Eile Bewerbungen, um eine Lehrstelle als
Friseurin zu finden. Warum ausgerechnet dieser Beruf? Sagen wir es so: Mein
Bruder war schuld. Eigentlich wollte er Friseur werden und ich fand: Oh, das
wäre auch etwas für mich! So machte ich eine Ausbildung zur Friseurin, während
er sich für die Lehre als Kaufmann entschied – und dann erst auf dem zweiten
Bildungsweg Friseur wurde, um dann später wieder in den kaufmännischen Beruf zu
wechseln.
Drei
düstere Jahre brachen an. Düster im Innen wie Außen. In dieser Zeit entstand
mein Debütroman «Der Kuss der Nacht». Einfach lesen, dann wisst ihr Bescheid.
Ich verschlang die Bücher von Anne Rice und Stephen King. Schaute mir gerne
Thriller und Horrorfilme an. Und am Samstag, nach der Arbeit, pilgerte ich in
den Comic Shop in Luzern, um mir die neuste Ausgabe der «X-Men» zu kaufen. Ich
war immer gerne zu Hause, las, zeichnete, schrieb oder schaute mir Filme und
Serien an.
2002
ging ein großer Traum in Erfüllung. Mein Debütroman «Der Kuss der Nacht»
erschien. Ich war selig und der festen Überzeugung, bald eine berühmte Autorin
zu sein. Obwohl sich das Buch über die Jahre ganz gut verkaufte und mir Türen
öffnete, um an Schulen Lesungen zu halten, wurde ich nicht die weltbekannte
Schriftstellerin, von der ich geträumt hatte.
Noch
heute sagen Schüler zu mir: «Also Sie habe ich vorher gar nicht gekannt.»
Nun
denn, ich bin nicht so berühmt wie meine Vorbilder (Frederica de Cesco, Stephen
King) oder eine J. K. Rowling, aber ich habe die wunderbare Möglichkeit, in
Schulen zu gehen und zu jungen Menschen zu sprechen, die sich bald mit der
Berufswahl auseinandersetzen müssen, kurz davor stehen, in die Arbeitswelt zu
treten, oder sich gerade mittendrin befinden. Ich bilde mir ein, ihnen anhand
meines Werdegangs aufzeigen zu können, dass die Linie des Lebens nicht gerade
verlaufen muss. Auch wenn es Stolpersteine gibt, so geht es, egal wie
herausfordernd und schmerzvoll es sein kann, immer weiter.
Vielleicht
wird der eine oder andere wie ich die «falsche» Berufswahl treffen – wobei
wirklich falsch war sie am Ende auch nicht. Ich habe sehr viel gelernt, vor
allem Putzen (haha), nein ernsthaft. Ich hatte jeden Tag mit Menschen zu tun.
Netten und unfreundlichen. Ich wurde angeschrien und mir wurden Gegenstände nachgeworfen
(kein Witz). Ich bin niemandem böse deswegen. Ich habe in den drei Jahren
gelernt, was es heißt zu arbeiten und ich war sehr stolz auf mich, dass ich die
Abschlussprüfung bestanden habe. Die Mühe, die drei Jahre durchzuhalten, hat
sich gelohnt, auch wenn ich im ersten Jahr gerne alles hingeschmissen hätte. Manchmal
ist es gut, sich auf die Zähne zu beißen, durchzuhalten und schließlich den
Abschluss zu meistern. Danach hat jeder die Möglichkeit, seinen Job zu
wechseln. Das kann mal schwieriger sein, mal einfacher. Ich habe eine zweite
Ausbildung als Kauffrau gemacht. Ein guter Entscheid. Das lag mir besser als
das Haareschneiden.
Kapitel
2 – Ein neuer Roman!
2010
hatte ich ein Buch fertig. Mein zweites. In den vergangenen acht Jahren hatte
ich viele Geschichten angefangen oder fertig geschrieben, aber sie dann für
nicht gut befunden. Ich lagere sie ausgedruckt zu Hause. Darum kann sich jemand
kümmern, wenn ich tot bin ;-).
Ich
war mir sicher, mit «Zwischen Licht und Dunkelheit» würde mir DER Bestseller
gelingen. Die Geschichte war spannend, einfallsreich und es gab eine
Liebesgeschichte! Was wollte der Leser also noch mehr?
Die
Verlage entschieden, dass es niemanden interessierte.
Dank
des Hinweises einer Bekannten bin ich auf Amazon und das Selfpublishing
gekommen. Man kann viel Schlechtes über Amazon sagen, aber in dieser Beziehung
haben sie vielen Autoren den Weg geebnet. Autoren, die sonst nie entdeckt
worden wären. Vieles ist im Leben halt nicht nur Schwarz und Weiß. Das ist auch
das Hauptthema in «Zwischen Licht und Dunkelheit».
Ich
habe rund 10.000 Franken in das Buch investiert. Voller Überzeugung und voller
Freude habe ich es im Oktober 2011 veröffentlicht.
Jahrelang
habe ich daran geschrieben, gefeilt – und dann kamen Rückmeldungen wie: «Das
wurde wohl einfach husch, husch geschrieben», «Es fehlt das scharfe S!», «das
Cover ist schrecklich» usw.
Natürlich
gab es auch Feedback wie: «Wow, ein Buch, das überrascht und nicht mit einer
üblichen Story daherkommt. Das hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte ist
sehr vielschichtig und Andrea Schneeberger hat einen spannenden Erzählstil, so
dass man einerseits das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag und andererseits
immer langsamer liest, damit es nicht zu Ende geht.» (von Marakkaram,
Lovelybooks)
Um
das Buch zu pushen, produzierte ich mithilfe von Silvio Wey einen ziemlich
coolen Trailer. Ich kratzte dafür das restliche Geld zusammen, das ich noch
hatte. Der Dreh war großartig. Der Trailer super – nur den Verkauf des Romans
vermochte er nicht anzukurbeln.
Auch
das neue Cover half nicht.
Ich
war frustriert, wütend und traurig. Ich warf über 900 Bücher in den Müll!
Danach druckte ich nie wieder ein Buch auf Vorrat. Das war mir zu risikoreich.
Nachdem
ich genug in Mitleid geschwommen war, schrieb ich zwei neue Bücher: «Sechs
Sekunden» und «Tosca und der weisse Kater suchen den Himmel». Letztere
Geschichte ist so gut und süß. Ich verstehe bis heute nicht, warum es sich so
schlecht verkauft. Die Rezis sind durchgehend positiv. Die Geschichte ist großartig.
Wirklich! Und «Sechs Sekunden»? Ein spezieller Roman, wie ich finde. Der
Liebling meiner Cousine. Das verstehe ich auch nicht. Diese Geschichte habe ich
tatsächlich in nur drei Monaten geschrieben!
Natürlich
machte ich noch den einen oder anderen Fehler, traf übereilte oder falsche
Entscheidungen und arbeitete mit Menschen zusammen, die nicht so zuverlässig
waren, bis ich endlich ein tolles Team um mich versammelt hatte, das echt gute
und verlässliche Arbeit leistet.
3.
Kapitel – ich erfülle mir einen Traum
Im
Februar 2021 wagte ich den Sprung in die Selbständigkeit. Einfach nur als
Autorin arbeiten! Mit Pauken und Trompeten (nur in meinem Inneren) startete ich
durch. Am ersten Tag – ungelogen – bekam ich zwei Anfragen für Lesungen. Ich
war überglücklich. Was für ein fulminanter Start!
Im
Juli 2021 erschien dann mein Roman «Lajos und der Weltenbaum». Eines meiner
besten Bücher, wage ich zu behaupten. Und wie bei jedem Roman war ich mir auch
hier sicher: Das wird ein Bestseller!
Wurde
er nicht. Die Ausgaben hat das Buch bis heute noch nicht gedeckt.
Im
September des gleichen Jahres legte ich nach mit «Herzlos».
Also,
wenn diese Novelle nicht durch die Decke geht, dann weiß ich auch nicht, so meine Gedanken. Auch diese wunderbare,
tiefsinnige Geschichte hat es nicht geschafft, die Kosten zu decken und ein
breites Publikum zu erreichen. Die Rezensionen 4,6 Sterne!
Erfolgreicher
bin ich mit meinen Romanen, die ich unter einem englischen Pseudonym
veröffentliche.
Gut
läuft es auch mit den Lesungen. Das macht Freude, besonders wenn die
Schülerinnen und Schüler Fragen stellen oder gar ein Buch von mir gelesen
haben.
Meine
längste Lesung hatte ich im letzten Jahr. Fast drei Stunden. Das war toll. Wenn
die Stimmung großartig ist, bleibe ich auch gratis länger.
Und
wie ist es nun, nur als Autorin zu arbeiten?
Schön.
Ich konnte mir über ein Jahr lang den Tag so einteilen, wie ich wollte. Wenn
ich müde war, dann habe ich mich hingelegt und gedöst, wenn ich in Arbeitswut
war, habe ich gearbeitet wie verrückt.
Aber
natürlich gab es auch ein paar Herausforderungen, so alleine im stillen Kämmerlein
zu arbeiten. Am Anfang habe ich meinen Partner (an dieser Stelle ein liebes
Dankeschön an ihn) verrückt gemacht und er klagte, ich hätte zu viel Zeit, um
mir über alles Mögliche und Unmögliche Gedanken zu machen. Ja, das ist wahr,
das hat man tatsächlich, wenn man arbeiten kann, wie man möchte. Ich konnte mir
über vieles das Gehirn zermartern. Ich konnte aber auch Neues entdecken, meinen
Horizont erweitern und neue Erkenntnisse gewinnen.
4.
Kapitel - Resümee
Aus
ein paar Zeilen wurden ein paar Seiten. Plötzlich ist es doch noch geflutscht,
über mich selbst zu schreiben.
In
20 Jahren habe ich 13 Bücher sowie ein paar Kurzgeschichten veröffentlicht –
und mich als Verlegerin erprobt.
Ein
Roman von mir war bei BoD für kurze Zeit auf Platz 1 der E-Books eines
einzelnen Genres.
Und
was ist mit der Schauspielerei?
Auch
das habe ich gemacht. Ich stand bei mehreren Theaterproduktionen auf der Bühne
in Luzern. Sogar vor die Kamera habe ich es geschafft, wenn auch nur als
Statistin.
Und
ein Jahr lang war ich jetzt einfach nur Autorin. An manchen Tagen denke ich: Oh, hätte ich doch noch dies oder jenes
gemacht. Aber irgendwie ist die Zeit unglaublich schnell vorbei gegangen. Tja,
und nun geht das Geld langsam aus. Leider kann ich mit den Buchverkäufen und
Lesungen immer noch nicht alle Rechnungen bezahlen, um meinen Lebensunterhalt
zu bestreiten. Deswegen geht es zurück in die klassische Arbeitswelt und damit
auch auf in ein neues Kapitel in meinem Leben. Bin ich gescheitert? Die einen
sagen vielleicht Ja, die anderen werden möglicherweise mit den Schultern
zucken.
Mein
Fazit lautet: Ich habe es versucht! Ich finde es dumm, vom Scheitern zu
sprechen. Das will mir die kleine fiese Stimme im Hinterkopf manchmal einreden,
aber diese Stimme ist eine Lügnerin! Gescheitert ist der, der nichts in seinem
Leben versucht. Der einfach zu Hause sitzt und wartet - auf dass sich etwas in
seinem Leben ändert.
Jetzt
bin ich bereit, meinen Horizont auf ein Neues zu erweitern und wieder in einem
Team zu arbeiten. Das ist auch schön. Und da wären wir wieder beim Anfang.
Nichts ist nur Schwarz oder Weiß.
Epilog
– Ein Blick in die Zukunft
ABER
…
…
2022 ist nicht nur wegen meines Jubiläums ein besonderes Jahr, sondern auch,
weil mein erstes Hörbuch im Juni erscheinen wird! «Tallulah und der goldene
Kolibri» wird vertont von Silvio Wey. Mit ihm habe ich schon beim Trailer zu
«Zwischen Licht und Dunkelheit» zusammengearbeitet. Er ist dort in die Rolle
von Lyell geschlüpft und stand hinter der Kamera als Regisseur.
Das
Hörbuch kommt nur zustande, weil ganz viele unglaublich liebe und großzügige
Menschen für das Crowdfunding-Projekt auf Lokalhelden
gespendet haben. Ich bin immer noch ganz gerührt, dass der Betrag von über 4.100
Franken zusammenkam! Ich danke auch der Raiffeisenbank, die 800 Franken beigesteuert
hat. Ich freue mich sehr auf die Veröffentlichung. Übrigens werde auch ich
einen Text einsprechen. Welchen verrate ich noch nicht – es wäre ja sonst keine
Überraschung mehr. Ich bin dieses Jahr wieder in der Ostschweiz, in Bern und in
der Innerschweiz mit Lesungen unterwegs. Allerdings immer nur in Schulen und
diese Veranstaltungen sind leider nicht öffentlich. Doch
auf der Fantasy, der Schweizer Comic
Con (The Swiss Comic Con), könnt ihr mich bei einer öffentlichen Lesung
antreffen. Sobald ich das Datum und die Uhrzeit weiß, lasse ich es euch wissen.
Schön
wäre es, einmal in einer Buchhandlung eine Lesung zu halten. Das wäre etwas, das
ich in Zukunft gern machen würde und natürlich wäre es großartig, ein Buch von
mir würde verfilmt werden. Ich möchte mich schließlich darüber beklagen können,
wie dilettantisch mein Roman für die Leinwand umgesetzt wurde ;-) Nein, ich
hoffe natürlich, dass das jemand sehr behutsam macht, so dass ich mich über den
Film freuen kann.
Ich
hoffe, dieser Text ist besser ausgefallen als mein Aufsatz «Da hatte ich grosse
Angst» von 19-irgendetwas. Wer mir eine Note geben möchte, kann das gerne hier tun. Es ist auch sonst erlaubt, mir zu schreiben.
Ich antworte eigentlich immer. Nur auf romantische Anfragen gehe ich nicht ein. Ich habe
einen Freund und ich habe vor, sofern er auch willens ist, ihn zu behalten.
Ein
großes und herzliches Dankeschön an alle Menschen da draußen, die meine Romane
lesen, über meine Schreibarbeit sprechen und sie weiterempfehlen oder mich
sonst auf irgendeine Weise unterstützen.
Herzliche
Grüße
Andrea